Wie würde es wohl sein mit Mann, elfjähriger Tochter und Hund mehrere Tage zu wandern? Diese Frage stellte sich Claudia Bentzien erst allein und dann mit ihrer Familie. Inspiriert von Hape Kerkeling wollten sie es versuchen. Sie wählten einen ihrer Lieblingsorte, den Bodensee und beschlossen sich von daheim auf den Weg zu machen. Das war 2008, zu Zeiten, als noch nicht jeder mit Smartphone Apps unterwegs war. Wie sich der Weg nach Karte und Kompass gestaltete und welche Herausforderungen es zu meistern gab, erzählt sie im Interview, als wäre die Fernwanderung gestern gewesen.
Wer ist Claudia Bentzien?
Dr. Claudia Bentzien nennt sich auf Instagram Darmexpertin, ist promovierte Biologin, Expertin für Prävention, Regeneration und systemische Therapeutin aus Esslingen-Berkheim. 2018 hatten wir sie bereits bei uns im Podcast zu Gast. Damals haben wir über die Wirkung von Bärlauch gesprochen und sie hat uns in der Episode HVP009 ihr Bärlauch-Pesto Rezept verraten.
HVP009 – Bärlauch und seine Wirkung
Wie es zur Fernwanderung von Berkheim an den Bodensee kam
Inspiration bekam Claudia von Hape Kerkelings Buch "Ich bin dann mal weg". Sie hatte es als Hörbuch gehört und fand es so toll, dass sie es ihrem Mann und ihrer damals 11-jährigen Tochter bei einer Autofahrt vorspielte. So bekamen alle Lust, es auch einmal auszuprobieren. Wie würde es wohl sein zusammen mit dem Hund einige Tage zu wandern? Als Ziel suchten sie sich den Bodensee aus, den sie alle lieben. Außerdem verläuft ein Jakobsweg direkt vor ihrer Haustür entlang und so begannen sie mit der Planung.
Eckdaten der Fernwanderung
Folgende Etappen sind die Vier gegangen:
Etappe 1: Von Esslingen über Denkendorf und Nürtingen nach Neuffen, ca. 26 km
Etappe 2: Von Neuffen zur Burg Hohenneuffen und zum Heidengraben (keltisches Oppidum) nach Römerstein, ca. 17 km
Etappe 3: Von Römerstein über den ehemal. Truppenübungsplatz nach Münsingen, ca. 15 km
Etappe 4: Von Münsingen über Buttenhausen und durch das Lautertal nach Gundelfingen, ca. 15 km
Etappe 5: Von Gundelfingen über Hayingen durch das Glastal und zur Wimsener Höhle und weiter nach Zwiefalten, ca. 20 km
Etappe 6: Von Zwiefalten über die Donau nach Unlingen, ca. 12 km
Etappe 7: Von Unlingen auf den Bussen und zum Federsee nach Bad Buchau, ca. 15 km
Etappe 8: Von Bad Buchau nach Bad Saulgau, ca. 12 km
Etappe 9: Von Bad Saulgau nach Altshausen, ca. 13 km
Etappe 10: Von Altshausen über das Pfrunger Ried zum Ilmensee, ca. 21 km
Etappe 11: Vom Ilmensee auf den Höchsten und weiter nach Salem, ca. 19 km
Etappe 12: Von Salem über den Schlosssee und den Affenberg nach Uhldingen (Bodensee), ca. 10 km
In Summe waren es 196 Kilometer an 11 Wandertagen. Zur Navigation nutzen sie Karte und Kompass und folgten zum Teil ausgeschilderten Wanderwegen, die sie vorab recherchiert hatten.
Übernachten auf der Fernwanderung
Familie Bentzien war ja mit Hund unterwegs und somit war er auch immer wieder ein Faktor bei der Auswahl der Unterkunft. Nicht jeder Campingplatz und jedes Hotel nehmen nämlich Hunde auf. Daher war gute Vorbereitung angesagt. Es sollte ein Wechsel zwischen Zelten und Hotelübernachtungen werden. Mit einer Liste ausgestattet zogen sie los und organisierten jeweils am Vortag die Übernachtungsplätze. Das hatte den Vorteil, sich nicht zu sehr stressen zu müssen und die Etappen freier einteilen zu können.
Netterweise hat Holger die Liste mit den genutzten Unterkünften noch einmal herausgesucht und uns zur Verfügung gestellt.
1. Übernachtung: Hotel Traube, Hauptstr. 24, 72639 Neuffen
2. Übernachtung: Campingplatz Lauberg, 72587 Römerstein-Böhringen
3. Übernachtung: Hotel Herrmann, Am Marktplatz 1, 72525 Münsingen
4. Übernachtung: Landhotel Wittstaig, 72525 Münsingen-Gundelfingen
5. Übernachtung: Gasthof zur Post, Hauptstr. 44, 88529 Zwiefalten
6. Übernachtung: Landgasthof Sonne, Hauptstr. 37, 88527 Unlingen
7. Übernachtung: Hotel Gasthof Kreuz, Hofgartenstr. 1, 88422 Bad Buchau
8. Übernachtung: Hotel Gasthof Schwarzer Adler, Hauptstr. 41, 88348 Bad Saulgau
9. Übernachtung: Gasthof Zum Schützen, Hauptstr. 38, 88361 Altshausen
10. Übernachtung: Campingplatz Seewiese, 88636 Ilmensee
11. Übernachtung: Campinghof Salem, 88682 Salem
12. Übernachtung: Campingplatz Birnau-Maurach, 88690 Uhldingen-Mühlhofen
Ausrüstung für die Fernwanderung
Drei Personen und ein Hund, die auch noch ab uns zu im Zelt übernachten wollen - da kommt einiges an Gepäck zusammen. Holger, Claudias Mann startete mit einem Rucksackgewicht von 25 Kilo, ihr eigener wog 18 Kilogramm und die 11-jährige Tochter schleppte 7 Kilo mit sich herum.
Dabei hatten sie neben Zelt, Isomatten (die der Hund getragen hat) und Schlafsäcken Kleidung in 3 Outfits in der Minimalausstattung dabei. Jeden Abend wurde gewaschen. Badesachen und Mikrofaserhandtücher durften auch nicht fehlen. Zur abendlichen Unterhaltung hatten sie das Buch mit der Geschichte vom Rulaman dabei, in welchem abwechselnd gelesen wurde.
Ganz wichtig ist für Claudia die Kopfbedeckung mit Schirmschild, da sie und ihre Tochter blond sind und sehr aufpassen mussten, dass sie nicht zu viel Licht abbekommen, was in Sonnenbrand und Kopfschmerzen enden würde.
An den Füßen trugen alle feste Wanderschuhe und Wollsocken.
Die Wanderstöcke hatten sie zwar dabei, nutzten sie jedoch nicht, trotz der bekannten Vorteile, die sie geboten hätten.
Als Regenschutz hatten sie Rucksackcover, Regenjacke und Regenponcho dabei.
Außerdem gehörte ein Zeckenschutzmittel für den Hund und die Familie zur Ausstattung, denn sie hatten auf ihrer Strecke im August sehr viele Zecken.
Tagesablauf auf der Fernwanderung
Die Familie startete mit einem guten Frühstück in den Tag, machte sich Vesper und zog los. Pausen legten sie immer ein, wenn einer es brauchte bzw. wenn der Hund zur nächsten Bank zog ;-) Dann hieß es wandern, die Highlights und den Weg genießen und bei Ankunft zuerst die Nahrungsaufnahme sicherstellen. War das erledigt, dann wurde sich um den Aufbau des Zeltes gekümmert, Klamotten gewaschen und den Abend mit Spielen, Lesen und Zusammensein ausklingen gelassen.
Begegnungen auf der Fernwanderung
Unterwegs sind der Familie andere Wanderer und Spaziergänger immer mit Bewunderung begegnet. Durch ihr großes Gepäck fielen sie natürlich auf und kamen ins Gespräch. Viele konnten es gar nicht glauben, dass sie diese Strecke tatsächlich mit Kind und Hund laufen wollen/werden.
Fernwanderung mit Hund
Wer sich mit seinem Hund auf den Weg macht, sollte folgendes bedenken: nicht alle Unterkünfte nehmen Hunde auf und die Verpflegung des Hundes muss bei der Kalkulation des Rucksackgewichts bedacht werden. Claudias Mann startete mit einem Vorrat von 6 Kilogramm Hundefutter, was zum Glück mit jedem Tag weniger wurde. Der Hund hatte dafür Taschen umgeschnallt und trug die Isomatten der Familie.
Außerdem muss man sich bewusst sein, dass es den Einsatz von Wanderstöcken behindert, wenn man den Hund an der Leine führt und das sollte man tun, sofern der Hund nicht 100 % hört.
Fernwanderung mit Kind
Claudia berichtete von ihren Erlebnissen und gibt folgende Tipps, wie Eltern zum einen erfahren können, ob eine Fernwanderung überhaupt etwas für ihr Kind sein könnte und wie es unterwegs für alle Spaß macht.
Ganz wichtig ist, dass das Kind Spaß an Bewegung hat. Das ist die Grundvoraussetzung. Dann gilt es eine Testwanderung von mehr als 10 Kilometern zu machen, gern auch schon mit Gepäck. Also nächstes sollte ein spannendes Ziel für die ganze Familie herausgesucht werden. Bei der Etappenplanung sollten dann immer wieder Spielplätze, Freibäder oder andere Highlights integriert werden. Um unterwegs keine Langeweile aufkommen zu lassen, bieten sich Spiele in und mit der Natur an. So kann man zum Beispiel Pflanzen bestimmen und über interessante Highlights sprechen. Ein paar Gummibärchen heben auch immer wieder die Stimmung.
Nach drei Tagen mit Nörgeln und der ständigen Frage, wann man dann ankomme, stellte sich bei Claudias Tochter eine Routine ein, wie auch bei ihren Eltern. Dann galt es nur noch zu laufen und eins mit seinem Körper und Gepäck zu werden.
Wichtig ist auch, dass das Kind auf das Feedback von Freunden vorbereitet wird. Es wird Freunde geben, die einen solchen Wanderurlaub cool und andere total uncool finden. Dann hilft es vom Geschafften und Erlebten zu berichten und auch mal wegzuhören.
Claudias Fazit
Es war eine tolle Erfahrung und als Familie sind die drei/vier noch enger zusammengewachsen. Claudia kann eine solche Reise jedem empfehlen, der Freude am Wandern hat und dieses besondere Erlebnis haben möchte, einen Ort wirklich Schritt für Schritt und nicht schneller, als die Seele es verarbeiten kann, zu erreichen.
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